Erinnerungen an den Ehrwürdigen Ñāṇavimala

Ehrw. Bhikkhu Guttasīla

Neu verfasste Niederschrift eines Interviews

“Ich wurde in dem Wat Bowon in Bangkok, im Jahre 1976, zum bhikkhu (Mönch) ordiniert und zum sāmaṇera (Mönchsnovizen) im Jahre 1975 im Wat Phleng Vipassana, ebenfalls in Bangkok. 1979 wurde ich, zusammen mit einigen anderen ausländischen Mönchen, eingeladen an einem Dhamma-Seminar und einer Pilgerreise nach Sri Lanka teilzunehmen. Im Laufe dieses Trips, war es uns möglich Nissaraṇa Vanāya in Meetirigala zu besuchen. Dort trafen wir den Ehrw. Katukurunde Ñāṇananda und den Abt, den Ehrw. Mātara Śrī Ñāṇārāma. Es war ein äußerst schönes Waldkloster und ich konnte sehen, dass die sri lankischen Mönche sich dort sehr ihrer Meditation widmeten und zudem, dennoch ziemlich gelehrt waren. Es war die Kombination von Sutta-Studium in Verbindung mit der Meditationspraxis, was mich ansprach. Ich kehrte nach Thailand zurück und dann, 1980, arrangierte ich es, meinen fünften vassa in Sri Lanka verbringen zu können. Ich hatte die Erlaubnis meines upajjhāya (Schirmherrs) Somdet Ñāṇasaṁvara, dem Abt von Wat Bowon erhalten, um nach Sri Lanka gehen zu dürfen. Im Anschluss an den vassa im Jahre 1980 in der „Island Hermitage”, wurde mir die Möglichkeit eröffnet nach Nissaraṇa Vanāya zu gehen, was für mehrere Jahre mein Hauptsitz für meine Aufenthalte in Sri Lanka wurde. Regelmäßig wenn wir nach Colombo gingen, hielten wir uns in einem Studienkloster mit dem Namen Vajirarama auf. Der Ehrw. Nārada war dort zu jener Zeit der Abt. Da die Gegend im Vorort von Bambalapitiya damals noch nicht so kommerzialisiert war, war es zum Verweilen, noch immer ein ziemlich schöner Ort. Es handelte sich hauptsächlich um Häuser von Ortsansässigen, was die Piṇḍapāta-Praxis (den Almosengang) vereinfachte. Es war der Sitz des Sri Dharmarakshita Nikāya (einer Untergruppe des Amarapura Nikāya), welches ebenfalls das nikāya war, zu welchem die „Island Hermitage” gehörte. Aufgrund dessen, hatten die Mönche der „Island Hermitage” mittels Vajirarama ordiniert. Dies war zudem jener Ort, zu welchem der Ehrw. Ñāṇavimala zu kommen pflegte, wann immer er sich in Colombo aufhielt.

Von einigen der westlichen Seniormönche in Sri Lanka, wie dem Ehrw. Ñāṇaramita, hatte ich von dem Ehrw. Ñāṇavimala erfahren. Ich hatte große Achtung gegenüber den ausländischen Mönchen in Sri Lanka, welche vor mir ordiniert hatten, denn Sri Lanka war ein Ort, an welchem wir noch immer, diese Traditionslinie von westlichen Seniormönchen vorfinden konnten. Der Ehrw. Ñāṇapoṇika lebte immer noch in Kandy. Er müsste zu jener Zeit ungefähr 80 Jahre alt gewesen sein. Ich schätze, dass der Ehrw. Ñāṇavimala nach dem Ehrw. Ñāṇapoṇika der rangälteste Mönch war und er besaß einen beachtliche Reputation. Als junge westliche Mönche, brauchen wir Seniormönche zu denen wir aufschauen können, insbesondere westliche Seniormönche.

Der Ehrw. Ñāṇavimala versinnbildlichte mehrheitlich den praktischen Aspekt des Mönchdaseins. Ausserhalb der vassa führte er ein Leben auf Wanderschaft, nur während der vassa, suchte er einen angemessenen Ort zum Verbleiben auf. Davon abgesehen, hatte er den Ruf, lediglich drei Nächte an einem bestimmten Ort zu verbringen. Als er sich dann auf Wanderschaft befand, verweilte er offenkundig jedoch auch länger an Orten, die er mochte. Ich weiß von einem arañña in Polpitigama in Kurunegala, an dem er sich gerne aufhielt. Der Ehrw. Ñāṇavimala war ein äußerst entsagungsreicher deutscher Mönch und er verbrachte seine Zeit auf cārikā (Wanderschaft). Aufgrund seines Lebensstils und den verschiedenen Geschichten, die wir von ihm gehört hatten, waren wir sehr beeindruckt. Dies machte ihn zu einem guten Vorbild, zu welchem wir aufsehen konnten.

Laut dem was wir vom Ehrw. Ñāṇavimala gehört hatten, verbrachte er zehn Jahre kontinuierlich in der „Island Hermitage”. Ich weiß nicht, ob er während dieser Zeit die Insel verlassen hatte. Falls dem so gewesen sein sollte, war es ausschließlich für sehr kurze Perioden. Der Ehrw. Ñāṇavimala hatte das große Glück, in Gesellschaft des Ehrw. Ñāṇamoli und einigen anderen, sehr gelehrten und inspirierenden Mönchen der Vajirarama-Tradition zu sein. Dies, schloss den Ehrw. Soma mit ein, der ein tamilischer Mönch war und den Ehrw. Kheminda, der ein sehr enger Vertrauter des Ehrw. Ñāṇavimala zu sein pflegte. Im Vajirarama war der Ehrw. Kheminda, der zu jener Zeit in hohem Maße durch Geistesgegenwart und Gesundheit bestach, jemand zu dem der Ehrw. Nāṇavimala aufsah. Aufgrund dieses Umfeldes, befand sich der Ehrw. Ñāṇavimala zehn Jahre lang, in Gesellschaft einiger dieser gelehrten und äußerst ernsthaften Mönche innerhalb der „Island Hermitage”, bevor er seine Wanderschaftskarriere begann. Für Besuche kehrte er auch gelegentlich zur „Island Hermitage” zurück.

Ich dürfte dem Ehrw. Ñāṇavimala zuerst bei einem seiner Besuche im Vajirarama während seiner Wanderschaften 1981 oder 1982 begegnet sein. Er fiel einem auf als jemand, der äußerst selbstgenügsam war. Er besaß außergewöhnliche saṁvara (Selbstbeherrschung) und war extrem ernst. Mit Selbstbeherrschung meine ich, dass er nicht gewillt war leichtfertig eine Unterhaltung mit denen einzugehen, die ihn umgaben – seine Gangart war sehr selbstkontrolliert – er blickte nicht umher. Da er zu Fuß ging und alles mit umhertrug, hatte er nur sehr wenige Habseligkeiten. Er besaß lediglich seine Schale und eine Tragetasche, in welcher er seine elementaren Requisiten aufbewahrte – sie war extrem leicht.

Er ging jeden Tag auf piṇḍapāta zu den Häusern um Vajirarama in Bambalapitiya. Wann immer er im Vajirarama war, tendierte er dazu in einer bestimmten Räumlichkeit unterzukommen. Es war ein ziemlich großes Zimmer, mit eigener Toilette und Bad. Da er dazu neigte in seinem Zimmer zu bleiben, war nicht mehr viel von ihm zu sehen, sobald er es betreten hatte. Heraus kam er dennoch täglich und er hatte entweder im Raum des Ehrw. Kheminda oder draußen auf dem Flur vor dem Zimmer eine Dhamma-Diskussion mit diesem.

Wann immer ich im Vajirarama war, versuchte ich es gewöhnlich zu arrangieren ihn zu treffen. Bei Bekanntmachungen erkundigte er sich normalerweise dahingehend, ob man bereits seit mehr als fünf Jahren ein Mönch war und ob man die Unabhängigkeit von dem nissaya (Abhängigkeit von einem Lehrer) erlangt habe. Dies schien für den Ehrw. Ñāṇavimala eines der Dinge zu sein, die ihm wichtig waren. Er selbst hatte seine ersten zehn Jahre in der „Island Hermitage” verbracht. Der Ehrw. Ñāṇavimala nahm zu jeder Zeit die Rolle eines Lehrers ein. Es herrschte nie die Situation einer Dhamma-Diskussion. Gewöhnlich saß der Ehrw. Ñāṇavimala auf einem Stuhl und ich saß auf dem Boden. Stets war der große Unterschied in vassa und Alter gegenwärtig.

Der Ehrw. Ñāṇavimala mochte bestimmte suttas des majjhima nikāyas überaus gerne. Er dachte, dass jüngere Mönche diese für die Praxis studieren sollten. Zum Beispiel das gopakamoggallānasutta (MN 108), ein Schritt für Schritt Training eines jungen Mönches – derartige Sachverhalte wie jener des dantabhūmisutta (MN 125), wiederum ein Schritt für Schritt Training. Der Ehrw. Ñāṇavimala betonte sehr stark die Notwendigkeit von gutem sīla (Tugendregeln), von Sinneszügelung, von pātimokkha (monastisches Regelwerk), die Notwendigkeit von satisampajañña (Achtsamkeit und Verständnis) die Notwendigkeit zu versuchen die fünf Hindernisse zu überwinden und die vier satipaṭṭhāna (Anwendungen der Achtsamkeit) zu entwickeln.

Er sprach vermehrt über das standardisierte, graduelle Training in den Diskursen. Der Ehrw. Ñāṇavimala vertrat ein sehr stark konservatives, traditionelles Verständnis hinsichtlich des Dhamma und des sīla. Traditionell bedeutet in diesem Zusammenhang, die suttas als Basis – diese bildeten sein Fundament. Ich bin mir nicht sicher, inwieweit er sich auf die Kommentare verließ. Der Ehrw. Ñāṇavimala gehörte dieser kleinen Gemeinschaft von Mönchen an, die glaubten, dass jhāna (vertiefte Sammlung) notwendig für Fortschritt im Dhamma war – sie zeigten sich gegenüber der Mahāsi-Tradition nicht sehr Sympathie bekundend. Die Theras des Vajirarama Soma, Kheminda und Kassapa, nahmen eine wirklich starke Antihaltung gegenüber der Mahāsi-Tradition ein. Ñāṇapoṇika hingegen, war Teil der Vajirarama-Tradition, aber dennoch mehrheitlich ein Befürworter der Mahāsi-Tradition. Obwohl der Ehrw. Ñāṇavimala Dhamma-Diskussionen mit dem Ehrw. Kheminda einging, glaube ich, dass er bestimmte suttas (Diskurse) bevorzugte und er in stärkerem Maße beschränkt oder rigide war hinsichtlich dessen, worauf er seine eigene Praxis basierte.

Die Kenntnis jedoch, die ich über die tatsächliche Praxis des Ehrw. Ñāṇavimala besaß, war, was er einigen seiner singhalesischen Schülern vermittelt hatte und beruhte auf Achtsamkeit und auf dem Bewusstsein der sechs Sinnestore. Wenn man so viel Zeit für das Umherwandern auf cārikā verwendet, kann man sich selbstverständlich vorstellen, dass es nicht möglich wäre, tiefe Samatha-Meditation (Ruhemeditation) zu praktizieren. Der Nachdruck bestand bei allem auf Achtsamkeit, ganz egal also an welcher Aktivität er teilnahm, es galt das kammaṭṭhāna (Meditationsobjekt) im Geist zu behalten und die sechs Sinnestore bildeten zudem einen Schwerpunkt.

Ich schätze, er ist der einzige Mönch, der mehrfach durch Sri Lanka gewandert ist. In manchen Gebieten, die er bewanderte, wie die muslimischen oder tamilischen Areale, ist durchaus davon auszugehen, dass er auf piṇḍapāta insgesamt nicht sehr viel Nahrung erhalten hat. Allerdings war das für den Ehrw. Ñāṇavimala auch unerheblich, gerade dies, stellte zusätzliche Nahrung für die Praxis dar. Laut einem Hinweis, der uns erreichte, setzte er sich immer dann, wenn der piṇḍapāta im Dorf nicht von Erfolg gekrönt war, an einem Ort nieder, an dem die Leute sehen konnten was er tat. Dies war für die Leute tatsächlich ein Grund sich aufzumachen, um ein bisschen mehr an Essen zu besorgen, um den piṇḍapāta aufzubessern.

Ich gehe davon aus, dass er auf Wanderschaft dazu neigte in den Dorftempeln unterzukommen und dass er zu jenen zurückkehrte, die sich als geeignet erwiesen. Es war seine Routine am Morgen zu wandern, was den Piṇḍapāta-Gang mit einschloss und dann nochmals für einige Zeit am Nachmittag. Falls er einen geeigneten Platz, wie eine Pansala (Dorftempel) vorfand, machte er für die Nacht Halt. Daher ging er gewöhnlich lediglich zehn Kilometer am Tag. Ich glaube, dass er es mit dem Laufen nicht übertrieb. Es gibt einen Brauch mit den Dorftempeln in Sri Lanka der besagt, dass Gastmönche nur drei Tage bleiben können. In vielen der Dorftempel, war er wahrscheinlich sowieso nicht gewillt, länger zu bleiben. Ich weiss, dass der Ehrw. Ñāṇavimala nach der Ankunft an einer Pansala und der Einholung der Erlaubnis zum Aufenthalt, nachdem ihm ein Zimmer zugewiesen wurde, grundsätzlich in das Zimmer ging und die Türe schloss. Ich bin mir nicht im Klaren darüber, ob er überhaupt noch einen gesüßten Schwarztee des Dorftempels entgegennahm, da er besorgt gewesen sein dürfte den vinaya (monastisches Regelwerk) zu brechen, falls dieser (anstatt von Unterstützern offeriert) von Mönchen käuflich erworben wurde.

Wir müssen hierbei im Gedächtnis behalten, dass der Ehrw. Ñāṇavimala in den 60ern, 70ern und 80ern umherwanderte. Ich denke, dass die Tempel heutzutage mehr verweltlicht sind als zu jener Zeit. Das Vajirarama war in den frühen 80er Jahren, obwohl es direkt in der Stadt lag, zum Verweilen immer noch ein sehr angenehmer Ort. Nunmehr wurde im Bereich der Galle Road alles weiterentwickelt – dort gibt es dermaßen viele Autos und alles hat sich so stark gewandelt. Ich gehe davon aus, dass die Dorftempel als der Ehrw. Ñāṇavimala seinem Wandern nachging, überwiegend friedliche Orte waren.

Gemäß dessen, was ich von dem Ehrw. Mettāvihārī gehört habe, konnte der Ehrw. Ñāṇavimala Singhalesisch sprechen. Sein ausgeprägter deutscher Akzent erschwerte jedoch seine Verständlichkeit. Als der Ehrw. Mettāvihārī noch ein Laie war, lud er den Ehrw. Ñāṇavimala zu sich nach Hause ein und der ehemaligen sri lankischen Schwiegermutter des Ehrw. Mettāvihārī, war es nicht möglich die Dhamma-Rede zu verstehen, die der Ehrw. Ñāṇavimala in Singhalesisch hielt. Sein Singhalesisch beschränkte sich nahezu auf Grundlagenkenntnisse, darüberhinaus war seine Aussprache ausgesprochen schwierig zu verstehen. Nach meinem Dafürhalten mochte der Ehrw. Ñāṇavimala nicht in belanglose Unterhaltungen verwickelt werden, aus diesem Grund war sein Singhalesisch sehr rudimentär – gerade ausreichend, um sich durchzuschlagen.

Wir hörten die unterschiedlichsten Geschichten über den Ehrw. Ñāṇavimala. Zum Beispiel, dass er von Tissamaharama direkt zu Panama und Pottuvil auf der anderen Seite durchgelaufen war (ungefähr 150 km durch schwieriges Gelände). Zu einer Zeit als im Kudumbigala Arañña keine Mönche ansässig waren und es von dem Upāsaka Maitreya Instand gehalten wurde, verweilte der Ehrw. Ñāṇavimala dort. Es gibt eine Anekdote, dass der Ehrw. Ñāṇavimala am selben Ort in einer Höhle wohnte und dass während er in Meditation saß, ein Bär in die Höhle hinein kam. Sobald der Bär ihn jedoch wahrgenommen hatte, hat er ohne Anstalten kehrt gemacht und ging nach draußen.

Es gibt eine Begebenheit von der ich gehört hatte, bei jener der Ehrw. Ñāṇavimala an der Ostküste auf Wanderschaft war und er in einem kleinen Meditationswaldkloster Wathuruwila (der Siam-Nikāya-Waldsekte zugehörig) wohnte. Er war in der sīmā untergekommen (dem Gebäude für offizielle Saṅgha-Akte) und als er sich gerade nicht in der sīmā aufhielt, warf der Abt einen Blick auf die Habseligkeiten des Ehrw. Ñāṇavimala. Der Abt bemerkte, dass alles was der Ehrw. Ñāṇavimala besaß, alt und gebraucht oder beschädigt war – sogar ein Dieb wäre nicht gewillt gewesen etwas zu stehlen.

Eine andere Geschichte handelte davon, wie frei der Ehrw. Ñāṇavimala tatsächlich leben konnte. Einmal war ich im Vajirarama, als der sehr bedeutende Laien-Dhamma-Lehrer Alec Robertson zu Besuch war – so wie er das des Öfteren zu tun pflegte. Er erzählte, dass er bei einer Begebenheit, als er das Vajirarama betrat, den Ehrw. Ñāṇavimala getroffen habe, der gerade dabei war auf seine Wanderschaft aufzubrechen. Alec Robertson fragte: „Bhante, wohin werden sie gehen?” Der Ehrw. Ñāṇavimala sagte: „Ich entscheide mich, sobald ich das Tor erreiche.” Er hatte, bevor er das Tor des Klosters erreicht hatte, nicht einmal eine Entscheidung darüber getroffen, ob er er nach rechts oder links abbiegen würde.

Der Ehrw. Ñāṇavimala war ein einzelgängerischer Mönch. Es war äußerst schwer ihm nahe zukommen. Ich glaube, dass er während den zehn Jahren, die er in der „Island Hermitage” verbrachte, als der Ehrw. Ñāṇamoli noch am Leben war, dazu neigte sich von den anderen Mönchen abzugrenzen. Meinem Verständnis zufolge vertrat der Ehrw. Ñāṇavimala eine sehr konservative Haltung. Ich stamme aus einer nachfolgenden Generation, welche mehr aufgeschlossen war. Der Ehrw. Ñāṇavimala hielt sich jedoch gewöhnlich entfernt von den mehr „hippie-isch” anmutenden Charakteren, den mehr aufgeschlossenen, liberalen Wahrheitssuchenden, die zu jener Zeit zur „Island Hermitage” kamen – es muss dort viele gegeben haben. Der Ehrw. Ñāṇavimala war, was wir als überaus „geradlinig” bezeichneten – in gewisser Weise von engstirniger Persönlichkeit. Es umgab ihn eine Art von Ernsthaftigkeit, Unwille seine Zeit zu verschwenden, Unwille leichtfertig zu sein, Unwille in belangloses Geschwätz verstrickt zu werden. Deshalb schottete er sich ab. Er war derart selbstgenügsam, dass es ihm kein Bedürfnis war, mit anderen zu reden und dies machte ihn ein wenig unzugänglich.

Etwas, das mir widerfuhr, änderte jedoch leicht meine Einstellung gegenüber dem Ehrw. Ñāṇavimala: Da meine Mutter einen Schlaganfall erlitten und mein Vater eine Bypass-Operation sowie einen Herzschrittmacher eingesetzt bekommen hatte, entschied ich mich im Jahre 1984 nach Neuseeland zurückzukehren. Meine Eltern waren zu alt und zu krank, um mich in Sri Lanka besuchen zu können. Das letzte Mal als ich sie gesehen hatte, haben wir 1973 gemeinsam ein paar Tage in Australien verbracht. Seit 1970 hatte ich mit meinen Eltern kein längeres Treffen mehr. Ich verblieb bis Ende 1984 in Neuseeland. Länger konnte ich es in Neuseeland nicht aushalten, weshalb ich mich dazu entschloss nach Asien zurückzukehren.

Ich war gerade in Thailand auf meinem Rückweg nach Sri Lanka, als ich erfuhr, dass meiner Mutter, Krebs im Endstadium diagnostiziert wurde. Auch da ich mir nicht sicher war, wie lange meine Mutter noch zu leben hatte, entschied ich mich daraufhin, für den vassa 1985, nach Neuseeland zurückzugehen. Sie verstarb gegen Ende 1986. Nachdem meine Mutter gestorben war, beschloss ich, dass nun die Zeit gekommen war, um nach Sri Lanka zurückzukehren.

Als ich in Sri Lanka eintraf, kam ich zu einer Zeit im Vajirarama unter, zu welcher der Ehrw. Ñāṇavimala dort Resident war. Als ich am selbigen Morgen, auf piṇḍapāta, gerade dabei war, die Straße in Richtung der Hauptstraße hinunterzugehen, saß in der Tür eines geschlossenen Geschäftes, eine alte Bettlerin. Sie muss bereits weit über siebzig gewesen sein und als ich vorüberlief, brachte sie mir gegenüber, mit ihren Händen in añjali (respektvollem Gruß), sehr viel Gläubigkeit zum Ausdruck. Ich erhielt auf piṇḍapāta etwas Essen, das ein wenig außergewöhnlich war. Auf meinem Rückweg, ging ich wiederum an der alten Dame vorüber und mir kam der Gedanke, ihr einen kleinen Teil meines Piṇḍapāta-Essens abzugeben. Ich konnte jedoch jemanden hinter mir gehen hören, sodass ich es mir anders überlegte. Wer weiß, es könnte sich schließlich um jene Leute gehandelt haben, die es mir tatsächlich gegeben haben? Obwohl ich es wollte, dachte ich deshalb, dass ich dieser alten Dame besser kein Essen geben sollte.

Nach dem Piṇḍapāta-Gang, machte ich mich auf, um den Ehrw. Ñāṇavimala zu treffen. Ich schilderte ihm, wie ich die letzten drei Jahre außerhalb von Sri Lanka verbracht hatte und wie ich mich um meine Eltern kümmerte, etc., darüberhinaus erklärte ich ihm auch, dass es mir während dieser Zeit möglich war, mein Mönchsregulativ einzuhalten. Bhante Ñāṇavimala gab mir daraufhin eine kurzbemessene Dhamma-Belehrung. Danach warf ich gegenüber dem Ehrw. Ñāṇavimala die Frage bezüglich der alten Dame auf, worauf er sich zu wandeln begann. Er wurde in gewisser Weise ernst und sprach in einer sehr harten Art zu mir, als er sagte: „Du bist einfach nur zurück nach Neuseeland, um deinen Sinnen zu frönen, einfach nur um dich zu vergnügen. Sāmaṇeras wie du, sollten nicht auf den Piṇḍapāta-Gang gehen. Du solltest deinen Geist ausschließlich auf das Meditationsobjekt gerichtet halten und deine Mahlzeiten im Speisesaal (dānasālā) zu dir nehmen.” Ich war kein sāmaṇera – sondern ein bhikkhu und es war dies, was für mich einfach derart hart und gefühllos war. Er sagte: „Nun reicht es, du kannst gehen.” Daher erwies ich ihm Respekt und ging. Dies war ein Mönch, den ich hoch zu schätzen wusste, ein Vorbild, jemand, der einen in seinem Mönchsleben zu inspirieren vermochte. Ich erachtete ihn immer noch als einen wirklich wundervollen Mönch, überaus ernsthaft in seiner Praxis, was mir dies jedoch offenbart hatte, war, dass er sehr gefühllos sein konnte.

Der Ehrw. Ñāṇavimala konnte auf verschiedene Weisen extrem konservativ, sehr engstirnig und rigide sein. Es war ihm nicht möglich nachzuvollziehen, wieso jemand zurück in den Westen gehen konnte. Jeder der zurück in den Westen ging, war für ihn jemand, der dies ausschließlich tat, um sich zu vergnügen. Dass jemand aus Mitgefühl zurückging, um Zeit mit den gealterten Eltern zu verbringen und auch, um der buddhistischen Gemeinschaft zu dienen, wusste er nicht zu schätzen. Ich war bei einer anderen Begebenheit im Vajirarama gegenwärtig, als ein niederländischer Mönch sich aufmachte, um den Ehrw. Ñāṇavimala zu sehen. Als der Ehrw. Ñāṇavimala erfuhr, dass dieser Mönch zurück in den Westen gegangen war, ermahnte er diesen streng bezüglich des Schwelgens im Sinnesvergnügen. Wir konnten erkennen, dass der Ehrw. Ñāṇavimala bestimmte starre Ansichten hatte und dies ist es, was ich im Sinn habe hinsichtlich der Rigidität und der konservativen Geisteshaltungen des Ehrw. Ñāṇavimala. Ich denke ein anderer Punkt war diesbezüglich auch, das Unvermögen des Ehrw. Ñāṇavimala, wirklich, mit der anderen Person kommunizieren zu können. Der Ehrw. Ñāṇavimala war unzugänglich – es war fast so, als ob eine Person der vorherigen Generation, zu jemandem einer jüngeren Generation sprach – die Distanz war schlicht dermaßen groß.

Ich denke, dass der Ehrw. Ñāṇavimala ein extrem ernsthafter, aufrichtiger, westlicher Mönch war, mit großem Altersunterschied zu uns. Der Ehrw. Ñāṇavimala ragte unter den westlichen Seniormönchen als jemand heraus, der sehr strikt in Bezug auf seine Vinaya-Praxis war – äußerst asketisch, wenige Wünsche hegend, in jeder Hinsicht überaus selbstbeherrscht. Durch seinen wandernden Lebensstil und ebenso in anderer Art und Weise, verkörperte er eine Reihe von Austeritäten und dies hatte für uns eine sehr gute Vorbildfunktion. Später dann, als der Ehrw. Ñāṇavimala gebrechlich und pflegebedürftig wurde, änderte sich seine Einstellung vollständig. Ich bin mir nicht sicher, jedoch glaube ich, dass die Wanderungen des Ehrw. Ñāṇavimala in den frühen 1990ern ihr Ende fanden. Ich erinnere mich, dass der Ehrw. Piyadassi den Ehrw. Ñāṇavimala in einem Tempel in Ratnapura getroffen hatte, als ich mich, in den frühen 90ern, im Vajirarama aufhielt. Der Ehrw. Ñāṇavimala war gerade auf dem Weg nach Colombo – es war ihm unwohl und er hatte Schwierigkeiten zu gehen. Der Ehrw. Piyadassi bot dem Ehrw. Ñāṇavimala an, ihn mit dem Auto nach Colombo zu bringen, der Ehrw. Ñāṇavimala lehnte jedoch ab und lief. Wir gingen davon aus, dass er ins Vajirarama kommen würde – die Wanderung von Ratnapura, würde ein paar Tage in Anspruch nehmen. Jedoch erfuhren wir dann, dass er tatsächlich zum dem vihāra (Tempel) im Colombo Krankenhaus gewandert war, wo ein Mönch des Vajirarama ansässig ist. Als er das Krankenhaus erreichte, befand er sich in einer extrem kränklichen Verfassung mit totaler Ermüdung und Erschöpfung und es könnte sogar sein, dass er in die Intensivstation eingewiesen wurde. Zudem, befand er sich am Beginn von drastischen Schwierigkeiten mit seiner Hüfte. Im Grunde hatte er sich die Hüfte durch das Wandern verschlissen. Einige Jahre später verbrachte der Ehrw. Ñāṇavimala einige Monate im Vajirarama, bevor er dann dauerhaft runter in den Süden auf die „Island Hermitage” ging.

Mitte der neunziger Jahre, als der Ehrw. Mettāvihārī sich um den Ehrw. Ñāṇavimala gesorgt hatte, lebte ich im Vajirarama. Zu diesem Zeitpunkt, war er außerordentlich dünn geworden und glich einer Tasche aus Haut und Knochen. Es war ihm lediglich möglich Flüssignahrung zu sich zu nehmen. Er war dermaßen krank, dass jeder dachte er würde sterben. Der Ehrw. Mettāvihārī half ihm gewöhnlich dabei eine Raumlänge zu gehen. Diese Kleinigkeit an Übung war alles, zu was er fähig war. Er musste sogar unterstützt werden nur um sich im Bett zu drehen – er war einfach derart schwach. Wunderbar war der Ehrw. Mettāvihārī und die Fürsorge, die er ihm während dieser Zeit zukommen ließ. Wenn ich anwesend war, half ich auch ein wenig mit. Hilflos wie er war, wandelte sich der Charakter des Ehrw. Ñāṇavimala vollständig. Vorzufinden war eine Person, mit einem sehr wachen Geist, die tatsächlich viel Liebenswürdigkeit und Geduld zeigte. Dies war sehr unterschiedlich zu dem Ehrw. Ñāṇavimala, den ich zuvor wahrgenommen hatte – selbstgenügsam und entsagend.”